Okay, okay, zugegeben: Storytelling ist mittlerweile ein alter Hut im Marketing. Gefühlt hat sich schon jeder dazu geäußert, es gibt unzählige Fachartikel und Kommentare zu diesem Thema. Und tatsächlich, einige Marken haben als Storyteller sogar Erfolgsgeschichten geschrieben. Wie zum Beispiel der kleine Darth Vader für Volkswagen, das Gothic Girl für Hornbach oder der irrwitzige Stratos-Stunt für Red Bull. Es gibt es noch eine ganze Menge Beispiele für gelungenes Storytelling im Marketing.
Aber warum sind das noch immer Ausnahmen? Wenn doch allen klar ist, dass in einem Markt voll homogener Produkte und permanenter Vergleichbarkeit Storytelling ein Erfolgsrezept für gelungene Kommunikation und sogar ein Alleinstellungsmerkmal für Unternehmen sein kann.
Warum machen es dann nicht alle? Gehen wir der Frage mal auf den Grund und schauen uns an, was Storytelling ausmacht.
Beim Thema Storytelling geht es im Kern um etwas ganz Einfaches: das Vermitteln von Information im Rahmen eines bekanntes Erzählmusters, einer Geschichte. Geschichten erzählen ist Tradition, eine Jahrtausende alte Kulturpraktik. Seit jeher werden Weisheiten, Ereignisse und Wissen in Form von Geschichten an Zuhörer weiter gegeben – als Märchen, Fabel, Roman, Song oder als anderes Medienformat. Seit Neuestem eben auch als Tweet oder Blogeintrag.
Geschichten begleiten uns unser Leben lang, von den Gute Nacht-Geschichten die wir als Kind gehört haben, über Grusel-Stories im Ferienlager bis hin zum „Hast-du-schon-gehört“ im Büroflur. Jedes Liebespaar hat eine Geschichte zu erzählen wie sie sich kennen gelernt haben, aus jedem Urlaub müssen wir neben einem Brathähnchen-gleichen Teint auch unbedingt beneidenswerte Anekdoten mitbringen und eines der größten Ziele die man im Leben erreichen kann ist ja ohnehin „Geschichte zu schreiben“. So ist es mittlerweile Trend geworden, auch als nicht berühmte Person seine Lebensgeschichte zu erzählen – als Form von Therapie oder schlichtweg aus Eitelkeit und der Feder eines „Autobiografen“. Wenn du mehr zu diesem Trend erfahren willst oder dich jetzt schon nach einer eigenen Biografie sehnst, finden du hier mehr Infos dazu.
Auch in anderen Medienformaten hält die Kunst des Storytellings gerade wieder verstärkt Wertschätzung und Einzug in unseren Alltag: wenn schon nicht das Theater, so besuchen wir immerhin Poetry Slams, der Markt für Fachzeitschriften und Special Interest-Magazine (Print!) wächst und wir verbringen unsere Abende voller Spannung und Neugier vor HBO oder Netflix Serien … So ist es kein Wunder, dass Storytelling mittlerweile auch in Bildungsbereichen, Journalismus, PR und Marketing gang und gäbe ist. Die Stories selbst werden dabei mündlich erzählt, gezeichnet, animiert, gespielt oder verfilmt.
In der Unternehmenskommunikation und im Marketing sind mit Storytelling oft audiovisuelle und interaktive Inhalte gemeint wie Websites, Animationen, Spiele, Filme oder Podcasts. Das ist tatsächlich mehr als nur hübsche Verpackung, sondern eine wissenschaftlich erwiesene Erleichterung um sich Dinge zu merken. Man spricht dabei vom Modalitätseffekt. Verkürzt beschreibt dieser Effekt die bessere Merkfähigkeit von Inhalten durch die gemeinsame Nutzung visueller und akustischer Teile in unserem Arbeitsgedächtnis. Das ist einer der Gründe, weshalb zum Beispiel viele Schüler mit Musik besser lernen können. Auch wenn Unternehmen und Marken Storytelling richtig anwenden, lassen sich dabei positive Effekte für die Zuhörer beobachten:
Werden Inhalte über bekannte und beliebte Erzählmuster an uns heran getragen, widmen wir ihnen eine höhere Aufmerksamkeit als Werbung oder anderen Dingen, die wir als störend oder „Hintergrundrauschen“ wahrnehmen. In der Vielzahl von Botschaften und Eindrücke die uns täglich umgeben, finden diese Inhalte so den Weg in unsere Aufmerksamkeit. Wir erinnern uns leichter und können den Inhalt bestenfalls sogar weiter erzählen.
In globalisierten und vernetzten Märkten sind Produkte und Services vergleichbar und austauschbar. Kunden orientieren sich dabei weder nur an Werbebotschaften noch an der reinen Faktenlage – sie hören auf Bewertungen, Tests und Empfehlungen. Sie wollen selbst bestimmen und mitreden können. Storytelling bietet hier eine Möglichkeit für interaktive Unternehmenskommunikation: Je nach Idee und Umsetzung können Kunden in eine Geschichte involviert werden, ob mit Einsendungen, interaktiven Elementen oder Episoden … Stories bieten Anlass und Rahmen für Interaktionen, bei denen Marken Kunden überzeugen und prägen können.
Geschichten transportieren mehr als Fakten und Informationen. Sie nehmen den Rezipienten mit auf eine Reise, ein gemeinsames Erleben – und bieten Unternehmen und Marken dabei die Chance, etwas in uns anzusprechen und eine Verbindung mit uns aufzubauen. Dadurch verknüpfen wir bestimmte Emotionen, Werte oder Einstelllungen mit einer Marke. Das macht sie zu mehr als einem Anbieter von Waren oder Dienstleistungen, nämlich zum Teil eines Lifestyles oder einer Überzeugung auf der langfristige Kundenbeziehungen und Vertrauen basieren.
Ich sehe schon, du bist heiß und willst am Liebsten gleich loslegen mit dem Geschichten Erzählen. Die Regeln und Tipps für erfolgreichen Storytelling verraten wir dir im kommenden Artikel. Solange kannst du dir auch schon mal die 22 Storytelling-Regeln von Pixar anschauen – die wissen, wovon sie reden!
Natürlich gibt es mittlerweile auch schon zahlreiche Tools die Nutzern Hilfestellung und Unterstützung für viele Anwendungsfälle des Storytellings bieten – vor allem, wenn es um audiovisuelle Medien, Interaktivität oder Kommunikation in Echtzeit geht. Eine ganze Liste solcher Tools findest du hier.
Aber bevor du los legst, solltest du bedenken, dass sich Marken mit erweiterten Medienangebote und Stories im Wettbewerb zu etablierten und hochkreativen Kanälen und Inhalten befinden. Das liegt unter anderem daran, dass Nutzer ihre Zeit nicht damit verbringen nach einzelnen Medienangeboten zu suchen, sondern bereits etablierte Plattformen und Orte nutzen, an denen viele Inhalte kuratiert und aufbereitet werden – wie Zeitungen, Magazine, TV, YouTube, Facebook, etc. Im Kampf um die Aufmerksamkeit der Nutzer und Konsumenten spielen auf diesen Plattformen alle Medienproduzierende mit. Das ist mitunter starke Konkurrenz – von der wir uns gerne etwas abschauen wollen …
Ein gelungenes Beispiel dafür, wie eine traditionelle Branche wie das Verlagswesen einen Case für interaktives Storytelling mit journalistischem Anspruch realisieren kann, lieferte die New York Times mit ihrem Web-Special „Snow Fall“: Auf der Seite wird ein ausführlicher Artikel mit zusätzlichem Inhalt wie Hintergrund-Stories, Videos, Animationen und Informationen zu Autoren und Experten angereichert. Die Qualität dieses Storytelling Beispiels liegt darin, dass die New York Times ihrer Kernkompetenz und ihrem Produkt treu bleibt: Die Marke steht für qualitativen Journalismus und verlässliche Nachrichten. Aus einem dieser Produkte - einer Reportage - haben sie durch Erweiterung des Angebots um interaktive Elemente einen authentischen und hochwertigen Storytelling-Case gestrickt.
Dieses Beispiel sollte mehr Marken dazu inspirieren, sich am Storytelling zu probieren – denn Unternehmen und Menschen stecken voller Geschichten. Mit dem richtigen Handwerkszeug und der nötigen Erfahrung kann man diese erkennen, ausarbeiten und erzählen. Die Storys werden dann am besten, wenn sie authentisch sind, aus dem Unternehmen oder Produkten selbst kommen.
Dafür müssen sich sowohl Marketers als auch Kreative ernsthaft mit den Botschaften, Kundenbedürfnissen und geeigneten Kanälen auseinandersetzen. Denn erfolgreiche Storytelling-Kampagnen sind keine zufälligen Viral-Hits – ihnen liegen klare Strategien und Ziele, Redaktionspläne und die Arbeit von erfahrenen Storytellern in Konzeption und Realisation zugrunde. Um deine Story also erfolgreich zu starten sind deshalb sind hier für dich …
Ja, Storytelling ist ein richtig cooles Werkzeug im Marketing und in der Unternehmenskommunikation! Unternehmen können damit ihre gewohnten Kommunikationspfade verlassen und auf neuen Ebenen mit Kunden, Partnern oder den eigenen Mitarbeitern in Kontakt kommen. Gute Geschichten ermöglichen Aktivierung, provozieren Interaktion und schaffen Verbindungen zum Publikum.
Wer mitspielen will, muss sich aber darüber im Klaren sein, dass er auf den Schultern von Riesen sitzt. Geschichten kämpfen um die Aufmerksamkeit des Publikums – auf jedem Kanal und in jedem Medium. Wer Geschichten erzählen will, sollte also auf Qualität und Erfahrung setzen und vor allem authentisch bleiben. Deshalb mein Tipp: Erzähle deinem Publikum etwas, das du selbst gerne hören würdest, das Mehrwert liefert und unterhält. Mache aus deiner Geschichte etwas Einzigartiges.
Was sind deine Erfahrungen mit Storytelling in der Unternehmenskommunikation? Schreibe uns auf Twitter unter @storylinerlabs
Mit seiner Leidenschaft für Design und Storytelling macht er digitale Produkte zu starken Marken und trifft den richtigen Ton in der Kommunikation.